Berge sind eine schöne Sache, manchmal aber auch recht furchteinflössend. Weit lĂ€sst sich von oben blicken. Von hier aus spĂŒrt man die Grenzen und die Einsamkeit, aber auch die Möglichkeiten von RĂŒckzug und Schutz. Die Berge allein bestimmen, was die Schweiz bis heute ausmacht: ihr Inseldasein, ihre ExklusivitĂ€t, ihre NeutralitĂ€t.
«Nieder mit den Alpen! Freie Sicht aufs Mittelmeer!» war einmal die Parole der Schweizer Jugend fĂŒr den Wunsch nach mehr Autonomie. Nicht grundlos wĂ€hlte man dieses Zitat von Carl Spitteler â einem Schweizer Vordenker, der Anfang des letzten Jahrhunderts, kurz vor dem Ersten Weltkrieg, den Blick ĂŒber die Berge hinweg zur PrĂ€misse einer sinnvollen Schweizer NeutralitĂ€t erklĂ€rte. Er tat dies in seiner legendĂ€ren Rede «Unser Schweizer Standpunkt» und wurde nicht zuletzt dafĂŒr mit dem Nobelpreis fĂŒr Literatur ausgezeichnet.
Carl Spitteler. Bis heute der einzige Schweizer NobelpreistrĂ€ger fĂŒr Literatur. Wer aber kennt ihn noch? Wer weiss, dass er in Luzern gelebt und gewirkt hat? Antike Mythen zu neuen Weltordnungen umgedichtet hat? 2024 jĂ€hrt sich sein Todestag zum hundertsten Mal. Carina Thurner, Schauspielerin am Luzerner Theater, sucht nun die (Wieder-)AnnĂ€herung an Carl Spitteler. Sie tut dies auf ihre Weise, mit eigenen Texten, ihrem Spielensemble und Musik von Mo Sommer. Und fragt: Wie retten wir uns mit Geschichten ĂŒber unsere Einsamkeit hinweg? Was bedeutet Liebe, was Schwesternschaft, wenn da draussen die Welt brennt? Wie steht der eigene Schmerz im VerhĂ€ltnis zur Welt?